Die Leichtigkeit des Wombats
Die Leichtigkeit des Wombats
von Victoria Lubarski-Goldbeck
Ich soll über Leichtigkeit schreiben. Das einzig Leichte ist die Tür des Kühlschranks. Sie geht federleicht auf. Ich hole mir ein weiteres Schwarzbier. Die Leichtigkeit des Seins.
Gegen Abend wird die Tür schwerer, die Biere singen in meinem Magen, das Ibuprofen spielt Schlagzeug. Als würde es gegen Herzschmerz helfen, nehme ich es trotzdem. Sechshundert.
Und noch ein Bier. Auf allen Vieren.
Als Nora ging, saß ich noch aufrecht in meinem Büro und starrte auf das Word-Dokument. Die Worte wollten sich nicht verknüpfen, der Cursor war unruhig, ein Spiegel meiner Schaffenskrise. Der Roman hatte erst drei Seiten, der Teilzeitjob lief aus. Ich war ein trauriger Poet ohne Worte.
Ich senkte den Kopf auf die Tastatur, gdxrgzbrdnftc stand dann da, als Nora in meinem Blickfeld den Mund aufmachte.
„Es geht so nicht weiter“, sagte Nora.
Sie zupfte nervös den Spliss aus ihren schwarzen Haarstufen und seufzte einen Wasserfall aus “Ich ziehe aus” und “Komm ma klar!”
12345, schrieb ich. Mein Kopf sank diesmal auf die Zahlen.
Ich soll hier über Leichtes schreiben. Es fiel Nora anscheinend überaus leicht, ihre Habseligkeiten zu packen. Wie eine Fee schwebte sie umher und sortierte ihre Klamotten. Leichte Trägertops und Sonnencreme.
Einen Monat später sah ich ihr Visum, als ich des Nachts betrunken in ihr Arbeitszimmer torkelte. Sydney, stand da.
Ich wankte zum Kühlschrank zurück.
Als Nora ging, hauchte sie mir zu, dass es aus sei. Sie warf ihre Stufenhaare zurück, malte den lila Lippenstift nach, zündete sich eine Zigarette an, nahm den Rucksack mit dem Sommer und verließ die Wohnung.
Soll sie doch mit Wombats spielen, dachte ich und trank.
Die Worte formen sich immer noch nicht. Die Zeit ist bleischwer und endlos.
Tick. Tock.
Im Briefkasten stapeln sich die Mahnungen. Ich schlafe viel. Auf Noras Weblog sieht man sie sonnengebräunt und lächelnd. Wombats haben fiese Zähne, sagt man. Hoffentlich hat Nora bald ein Ohr weniger.
Es ist Abend. Die Tür wird schwerer, das Bier ist fast zu Ende. Morgen ist ein neuer Tag, wenn ich aufstehe, wird es leichter. Und dann schreibe ich vielleicht über Leichtigkeit. Immerhin kann man bei der Ausschreibung etwas gewinnen.
Es ist so leicht, ein trauriger Poet zu sein.
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