JUNGFRAU
Gedicht von Thomas Rackwitz
so um die hundert flöhe hat die jungfrau an den beinen
des einhorns abgezählt. dann streikte ihr gehirn,
das von klischees sich nährt wie sonst von zucker.
sie soll das datenblatt erst unterschreiben,
bevor es ihr was vorliest aus der akte
der eignen heimatlosigkeit, die niemals enden will.
als könnten tränen jemals etwas ändern,
hängt sie sich schwergewichtig an den hals
und hofft, dass sie was abkriegt von der heilen welt.
es lahmt ein wenig, müde seiner selbst
gespräche, die es nicht einmal begreift.
der schlachter macht sich nicht die hände schmutzig.
die unschuld gibt’s nicht mehr. das war einmal.
S. 39 aus
Thomas Rackwitz, neophyten, Gedichte, Halle 2020, Mitteldeutscher Verlag, ISBN 978-3-96311-344-4, Br., 130 × 200 mm, 84 S., € 12,00
Das Werk werden wir in Kürze auf dem Blog besprechen.