Abrüstung jetzt!
von Monika Kühn
Gott der Herr war zornig.
„Es ist nicht zum Aushalten! Jeden Tag Millionen Gebete von Menschen, die hungern und unterdrückt werden oder die im Krieg alles verloren haben. Ich habe die Erde so geschaffen, dass jeder gut leben könnte. Wieso klappt das immer weniger?“
Jesus seufzte. „Viele Menschen sind habgierig oder gleichgültig. Du hättest mit deiner Schöpfung bei den Tieren aufhören oder den Menschen keinen freien Willen geben sollen.“
„Ja, das bedauere ich immer mehr. Früher haben sie sich ‚nur’ gegenseitig umgebracht, aber jetzt sind sie dabei, meine Schöpfung zu zerstören. Ich glaube, es ist wieder Zeit für eine Sintflut.“
Jesus winkte ab. „Vergiss es! Du hast geschworen, dass Säen und Ernten nicht aufhören sollen.“
„Aber ich kann nicht zulassen, dass Millionen Menschen hungern, und ein kleiner Teil in Saus und Braus lebt. Es muss etwas geschehen!“
Jesus schlug vor: „Ruf doch ein paar Engel und Heilige zusammen, und dann machen wir Brainstorming.“
„Gute Idee, mein Sohn!“
Der Herr beklagte den Zustand der Welt und bat um Vorschläge. Als erster meldete sich der Erzengel Michael. „Wir sollten alle Despoten vernichten. Ich könnte mit meinem Flammenschwert …“
„Keine Gewalt!“, riefen Jesus und Maria wie aus einem Mund.
Der Herr sagte: „Bevor wir in die Diskussion einsteigen, wollen wir Fakten hören. Aber keine Alternativen!“
Franz von Assisi begann: „Mehr als 800 Millionen Menschen leiden an Hunger, und acht Millionen sterben jährlich an Unterernährung.“
Petrus beklagte: „Die Kriege dieser Welt kosten jährlich 14 Billionen Dollar. Das ist eine Zahl mit zwölf Nullen!“
Maria schüttelte den Kopf. „Das ist einfach nur schrecklich.“
„Aber auch in Friedenszeiten spielt der Krieg eine Rolle“, sagte der Prophet Micha, „das sind die Ausgaben für Rüstung: 1,8 Billionen Dollar weltweit im Jahr 2018.“ *)
Hildegard von Bingen war entsetzt. „Und das in einem Jahr! Von dem Geld könnte man das Hungerproblem weltweit lösen. Und wir hätten genügend Lehrer und Pflegekräfte statt Soldaten.“
„Da hilft nur abrüsten!“, rief der Apostel Paulus.
„Das wird doch schon seit Jahrzehnten gefordert“, ereiferte sich Petrus, „die Ostermärsche, ‚Schwerter zu Pflugscharen’ … Nichts hilft. Die Menschen rüsten ständig weiter auf.“
Maria Magdalena war empört. „Und jetzt kommt noch dieser Präsident mit der blonden Tolle und will noch mehr aufrüsten. Dabei haben die USA die höchsten Militärausgaben der Welt: 2018 waren es 650 Milliarden Dollar!“*)
Jesus sagte: „Ja, es wird nicht besser, sondern immer noch schlimmer. Ich habe gehofft, dass Menschen heranwachsen, die Durchsetzungsvermögen, aber auch Empathie haben. Und dann verfallen sie doch der Macht und dem Mammon. Satan versteht es, die Menschen zu verführen.“
„Ja“, sagte der Herr grimmig, „mein Widersacher hat zu viel Einfluss. Dagegen werde ich jetzt etwas unternehmen. Wenn die Menschen zu schwach sind, dann setze ich Engel ein. Es gibt über 200 Staaten bzw. Territorien, da brauchen wir Engel in der Politik, in der Wirtschaft, in … oje, ich brauche ein ganzes Heer!“
Alle lobten die Entscheidung des Herrn. Tausende von Engeln sollen auf die Erde geschickt werden. Und wenn ihr dann Leute in den Parlamenten, Regierungen und Vorstandsetagen seht, intelligent und mit Charisma, leidenschaftlich eintretend für Abrüstung und Völkerverständigung, dann wisst ihr, es sind die Engel des Herrn, die unseren schönen Planeten retten werden.
Und was ist, wenn keine Engel kommen?
*) SIPRI 29.4.2019
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