Zwiespältige Wortgebilde

Martin Dragosits, Der Teufel hat den Blues verkauft, Gosau 2007, Arovell Verlag, ISBN 978902547446

Am Anfang war das Wort, steht im meist gelesenen Buch der Menschheit geschrieben. Harry Potter sei als nicht satisfaktionsfähig ausgenommen. An ihn erinnert sich in 20 Jahren vermutlich niemand mehr.

Martin Dragosits gebraucht seine Worte immer wortreich und in der ersten Hälfte seines Lyrikbands auch durchaus überzeugend und treffend. Die „Ode an einen Raunzer“ – ob er wohl sich damit meint? – ist als durchaus gelungene Persiflage des christlichen Glaubensbekenntnisses gefasst: durch und durch lesenswert. Ebenso das Werk „Niemals“, in dem er die Steigerung von „Nein“, nämlich ein mit Applomb hervorgestoßenes „Niemals!“, gekonnt durch den Kakao zieht und den Niemalssager gut beschreibt. Da ist wirkliche Lyrik gelungen.

So geht das über drei Abschnitte mit den Beiträgen „Kreuzweg“, „Zwischenräume“, „Vorschlag“, „In den Köpfen“ und „Griff nach den Sternen“ gut lesbar weiter. Man ist so gespannt, was nun die nächsten drei Abschnitt serviert wird, dass man rasch weiter blättert.

Und das Buch nach 10 weiteren Versuchen an die Wand werfen will.

Das Tragische an diesem Band ist, dass die erste Hälfte wenig verspricht und viel hält. Die zweite, da hatte man sich gerade an gute Lyrik in freien Rhythmen gewöhnt, aber verläuft nach dem Motto „Stark angefangen und danach noch stärker nachgelassen“ und hinterlässt einen mehr als ratlosen Leser zurück, der sich erschreckt fragt, ob der Autor der ersten drei Abschnitte wirklich der der zweiten drei Abschnitte ist.

Hier finden wir keine Lyrik mehr, hier salbadert jemand über die Welt im Allgemeinen und die Politik im Besonderen und verliert sich dabei in unoriginellen Allgemeinplätzen wie in „Über den Krieg“: „Es gibt Kriege, welche geführt werden müssen. Das sind die wenigsten. Es gibt Kriege, welche vermieden werden können. Sie sieht keiner. Es gibt Kriege, welche unnötig sind. Bestimme ihren Wert. Krieg ist die Umsetzung von Ungeduld in Unberechenbarkeit. Drum prüfe sich, wer zu den Waffen greift.“ Super. Jetzt weiß man Bescheid.

Das ist weder originell, noch erschließt eine Erkenntnis, die von bleibender Bedeutung ist. Peinliche Textstellen dieser Art entlarven den Autor als pseudointellektuellen politischen Dampfplauderer, der sich selbst gerne schwafeln hört und geradezu verzückt auf seine Ausführungen starrt, wenn sie einmal sein Hirn verlassen haben. So geht das fast 60 Seiten lang.

Das Erstlingswerk kann leider nicht überzeugen. Es ist dem Autor zu raten, seine politischen Gedichte für sich zu behalten und nur die, die er über das Leben und sich selbst schreibt, einer breiteren Umwelt vorzulegen. Oder diese so zu bearbeiten, dass sittlicher Nährwert entsteht und nicht langatmige Verschwendung von Papier, Toner und Zeit.

Weltweitweb, im Januar 2008

Walther

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